Lobbyregister für mehr Transparenz

19. März 2015

Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer! Herr Kaster, die Tatsache, dass wir diesen Antrag 2007, 2008 und 2011, damals noch gemeinsam mit der SPD – ich bin auf die Redebeiträge der Kolleginnen und Kollegen von der SPD gespannt und darauf, ob sie sich noch daran erinnern, dass auch sie für die Einführung eines Lobbyregisters waren und dazu sogar einen Gesetzentwurf eingebracht haben –, schon einmal in den Bundestag eingebracht haben, zeigt doch nur, wie wichtig und notwendig das ist.

Ich kann überhaupt nicht verstehen, wieso Sie diese Forderung als alten Hut oder als Wiederholungsklamotte abtun. Die Einführung eines Lobbyregisters ist eine ganz zentrale Maßnahme im Sinne der Transparenz, die hier im Deutschen Bundestag gelten sollte. Das sollte eine Selbstverständlichkeit sein; denn Transparenz bedeutet für unser Parlament einen Schutz; denn so ist Nachvollziehbarkeit gewährleistet. Diese Pflicht, mit Informationen offen umzugehen, zu der wir uns verpflichten, gilt dann auch für Unternehmen, für Verbände, für Institutionen, für die Kirchen, für Gewerkschaften. Insgesamt profitieren wir alle gemeinsam davon. Das sollte Ihnen endlich einmal klar sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Die Tatsache, dass wir diesen Antrag auch 2015 einbringen, ist dem Umstand geschuldet, dass wir Sie von der Unionsfraktion bisher leider nicht davon überzeugen konnten, die gute Praxis im Zuge von Gesetzgebungsverfahren des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission, der Parlamente Kanadas und der USA zu übernehmen. Sie alle verfügen über ein solches Lobbyregister, weil sie wissen, dass sowohl Politik als auch Parlament, Regierung, NGOs und Verbände davon etwas haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Die Bürgerinnen und Bürger könnten dann nämlich klar nachvollziehen: Wer wirkt auf die eine oder andere Art an der Gesetzgebung mit?

Es geht auch nicht darum, zu sagen: Wir diskreditieren die einen, erklären aber die anderen zu guten Verbänden oder Organisationen. – Das hat niemand gemacht. Es ist nur so, dass wir immer wieder mit dem Thema der unlauteren Beeinflussung konfrontiert werden. Auch das Thema Korruption kann man in diesem Kontext des Zusammenspiels von Politik, Wirtschaft und Dritten ruhig einmal erwähnen. Es ist doch nichts Schlimmes, das auszusprechen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Bartholomäus Kalb [CDU/CSU])

Deshalb werbe ich doch so sehr für ein Register. Es würde uns nämlich allen nützen. Wir haben im Moment einfach keine klaren Regelungen.

Selbstverständlich haben wir die Verbändeliste. Aber denken Sie doch an die Auseinandersetzung, die wir gerade über die Hausausweise führen. Wer bekommt einen Hausausweis? Diejenigen, die in der Verbändeliste stehen. Aber was ist mit den Hausausweisen, die wir über die Fraktionen ausstellen? Da läuft im Moment sogar eine Klage gegen den Deutschen Bundestag. Das ist doch ein Problem.

Wir müssen immer wieder erfragen: Welche Verbände, welche Unternehmen haben an Gesetzgebungsverfahren mitgewirkt, und zwar in welchem Stadium? Natürlich muss die Arbeit der Gesetzgebung eigentlich von den Ministerien geleistet werden. Aber Sie wissen genauso gut wie ich, dass das nicht immer der Fall ist. Wir müssen jedes Mal wieder nachfragen: Wer hat an welchen Gesetzen mitgewirkt? Welche Externen waren daran beteiligt? – Diese Fragen könnten wir uns allen und den Bürgerinnen und Bürgern mit der Einführung eines solchen verbindlichen Registers ersparen.

Wir wollen keine Misstrauenskultur. Wir wollen durch Transparenz einfach offenlegen: Es ist normal und eine legitime Interessenvertretung, wenn Lobbyisten aktiv werden und wenn Verbände und NGOs für ihre Sache werben. Wir müssen dies nur nachvollziehen können und für die Leute transparent machen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Das gilt dann für den Gewerkschaftsbund genauso wie für die Autoindustrie, wie für die Pharmalobby, wie für die Naturschutzverbände oder wie für den Bundesverband Erneuerbare Energien. Kein Mensch bei uns in der Fraktion – das ist eine massive Unterstellung – würde sagen: Das eine ist ein guter Verband, das andere ist ein schlechter Verband. Ein solches Lobbyregister würde für alle gelten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich frage mich: Warum verstehen wir als Parlament und Regierung nicht, dass es in unser aller Interesse sein könnte, ein solches Register endlich verbindlich einzuführen und uns damit an der Europäischen Kommission und der Praxis in Brüssel ein Beispiel zu nehmen? Das, was sie dort mit dem Transparenzregister machen, ist doch gut.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Lassen Sie uns deshalb über die wichtigen und guten Argumente in diesem Kontext diskutieren und ins Verfahren gehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)