23. April 2015
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren auf der Zuschauertribüne! In der Tat: Heute endlich debattieren und beschließen wir ein Gesetz zur Karenzzeit. Für diejenigen, die davon noch nie gehört haben: Seit zehn Jahren wird im Deutschen Bundestag über eine gesetzliche Regelung zur Karenzzeit diskutiert; es wurde gestritten und blockiert, aber heute wird sie endlich beschlossen. Darüber ist meine Fraktion sehr, sehr froh;
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
denn wir waren diejenigen, die vor zehn Jahren das erste Mal eine parlamentarische Initiative dazu eingebracht haben. Wir haben damals gesagt: Im Interesse der betroffenen Regierungsmitglieder und im Interesse der Wirtschaft, in die man nach einem Mandat auf Zeit vielleicht wechselt, ist es richtig und notwendig, eine Karenzzeit festzulegen und sie gesetzlich zu verankern, damit verhindert wird, dass es in jedem Einzelfall, in dem ein Regierungsmitglied in die Wirtschaft wechselt, zu Diskussionen und zum Teil zu berechtigter öffentlicher Kritik im Hinblick auf mögliche Interessenkollisionen kommt. Wir wollten, dass der Deutsche Bundestag für sich und die Regierung endlich klare Regelungen trifft. Deshalb sind wir als Fraktion sehr froh, dass wir heute endlich eine solche Regelung beschließen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das kann man allerdings nicht tun, ohne den vielen NGOs, die sich in diesem Bereich seit zehn Jahren und länger engagieren, ein großes Dankeschön dafür zu sagen, dass sie bei der Sache geblieben sind und uns im Parlament immer wieder mit den entsprechenden Fragen konfrontiert haben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dazu gehören Transparency International, Transparency International Deutschland, LobbyControl, abgeordneten watch.de und Campact. Sie haben allesamt immer -wieder gesagt: Lasst euch doch nicht von Fall zu Fall hetzen, was öffentlich ein schlechtes Bild von Politikerinnen und Politikern erzeugt, sondern schafft endlich eine gesetzliche Karenzzeit. – Insofern ist heute ein guter Tag. Deshalb wird auch meine Fraktion zustimmen.
Wir haben allerdings einen Änderungsantrag eingebracht, den Sie, Herr Krings, schon angesprochen haben. Damit möchten wir Ihnen die Möglichkeit geben, aus einem Dilemma herauszukommen. Sie sagen nämlich, dass die Untersagung in der Regel für ein Jahr gilt; wenn öffentliche Interessen schwer beeinträchtigt sind, wollen Sie eine Karenzzeit von 18 Monaten. Wir halten es für verzichtbar, an dieser Stelle zu differenzieren. Denn diese Unterscheidung wird zu erheblichen Diskussionen führen, auch bei der Bewertung des jeweiligen Einzelfalles, weil die Frage: „Wann ist das öffentliche Interesse beeinträchtigt, und wann ist es schwer beeinträchtigt?“, immer wieder zu Diskussionen darüber führen wird, warum für den einen eine Karenzzeit von 12 und für den anderen eine Karenzzeit von 18 Monaten gilt. Wir schlagen Ihnen vor, es wie die EU zu machen, und zu sagen: Die Karenzzeit beträgt 18 Monate. – Dort gibt es Erfahrungen, dort wurde das praktiziert. Diese Regelung sollten wir übernehmen. Das ist der erste Punkt unseres Änderungsantrags.
Zum zweiten Aspekt. Herr Özdemir – da unterscheiden wir uns von Ihnen –, die Evaluierung eines Gesetzes, für das wir so lange gebraucht haben, erachten wir nicht als Modeerscheinung. Es kann sein, dass es Fehlerquellen gibt. Diese könnte man sich nach Ablauf von zwei Jahren, also in der 19. Legislaturperiode, ansehen und dann sagen: Wir müssen da vielleicht etwas korrigieren.
Diese beiden Punkte sind Inhalt unseres Änderungsantrags. Er ist sehr vernünftig. Ich werbe noch einmal dafür, ihm zu folgen. Der Einführung einer gesetzlichen Karenzzeit werden wir aber, wie gesagt, zustimmen. Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Lassen Sie mich zum Schluss noch eines sagen: Heute geht jemand aus unserer PGF-Abteilung, also aus der Abteilung der Parlamentarischen Geschäftsführer, in den wohlverdienten Ruhestand. Das sind die Menschen, die da am Fernseher sitzen, die ganze Zeit für uns zur Verfügung stehen und uns beraten. Jürgen Wachsmuth, mach es gut! Vielen Dank für deine Arbeit.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)