Rede zum Lobbyregister: Für mehr Transparenz in der Interessensvertretung

22. Februar 2018

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Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Haus! Liebe Kollegin von der FDP, liebe Frau Kloke, nach ein paar Wochen haben wir gemerkt, dass die AfD das immer so nimmt, wie es ihr gerade passt. Aber diese Methode wird nicht aufgehen, meine Damen und Herren; da bin ich zuversichtlich. Bei aller Unterschiedlichkeit in der Sache werden die demokratischen Fraktionen hier im Hause an dieser Stelle zusammenstehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Deshalb lohnt es nicht, auch nur ein weiteres Wort zu verschwenden, um auf die völkische Tirade des Kollegen Seitz einzugehen. Lassen Sie uns lieber über die Sache reden.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der SPD)

Herr Schnieder, ich möchte Sie und Ihre Fraktion jetzt endlich überzeugen, dass es sinnvoll wäre, nach so vielen Jahren der Blockade in Sachen Transparenz und Lobbyismus endlich aufzuhören, gebetsmühlenartig die alten, platten Argumente für die Ablehnung eines Lobbyregisters vorzutragen. Würden Sie sich die Mühe machen, unseren Antrag einmal genau zu lesen, dann wüssten Sie, dass es in diesem Antrag weder eine Forderung nach Offenlegung aller Kontakte der Regierungsmitglieder gibt noch eine Forderung nach Offenlegung aller Kontakte der Mitglieder des Deutschen Bundestages; denn so schlau wie Sie sind wir schon lange.

(Beifall des Abg. Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir wissen, dass das Abgeordnetenmandat, dass das freie Mandat einen bestimmten Rahmen vorgibt, der natürlich einzuhalten ist. Das machen wir in unserem Antrag deutlich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulli Nissen [SPD] – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Dann sollten Sie einmal das Protokoll der Anhörung lesen!)

Eines können wir nicht negieren, meine Damen und Herren, und das fnde ich interessant: In der vorangegangenen Debatte über ein Cannabiskontrollgesetz haben die Redner von der CDU/CSU in aller Breite von den Gefahren des Drogenkonsums berichtet, von den Gefahren der illegalen Drogen und der legalen Drogen. Ich frage Sie: Wo ist eigentlich das Tabakwerbeverbot geblieben?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Jetzt fragen sich vielleicht manche: Warum spricht sie das im Zusammenhang mit Lobbyismus an? – Weil es in diesen Zusammenhang gehört, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben nämlich jahrelang im Deutschen Bundestag darüber geredet, dass es endlich zum Schutz der Gesundheit, zur Gefahrenabwehr dieser gefährlichen Droge Tabak ein Tabakwerbeverbot geben muss. Und was ist während der Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD passiert? Das Thema ist aus den Koalitionsverhandlungen entschwunden. Niemand vonseiten der SPD und der CDU/CSU ist mehr dafür, gegenüber den großen Lobbykonzernen der Tabakindustrie ein Tabakwerbeverbot durchzusetzen. Ist das nicht Beweis genug dafür, dass wir einmal über Einfussnahme und Lobbyismus reden sollten?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Wir könnten weiter darüber reden im Hinblick auf die Frage Abgasskandal in der Automobilindustrie. Wir könnten über die Frage von Einfussnahmen von Monsanto und Bayer reden. Wir könnten auch über ganz normale Interessenvertretung von Verbänden, NGOs sowie Unternehmen reden, die wir zu Anhörungen einladen, die wir zu Fachgesprächen einladen, um mit den Leuten in der Sache über Gesetzentwürfe zu reden. Wir diffamieren nicht alle Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter, sondern wir wollen, dass es mehr Transparenz

gibt. Deshalb meine Botschaft an die CDU/CSU: Hören Sie endlich damit auf, einen Popanz aufzubauen im Hinblick auf das freie Mandat! Geben Sie Ihre Blockade auf, und lassen Sie uns endlich wie in den USA, in Kanada und in acht europäischen Ländern ein verbindliches Lobbyregister aufegen! Das ist heute State of the Art und nicht die alte Verbändeliste aus dem Jahr 1972.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da nützt es auch nichts, dass sie hier die ganzen Schwierigkeiten im Hinblick auf die Abgeordneten anführen.

(Abg. Stephan Brandner [AfD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Frau Kollegin, es gibt den Wunsch zu einer Zwischenfrage.

Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Meine Redezeit ist ja zu Ende. – An die SPD möchte ich noch Folgendes sagen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, strapazieren Sie uns bitte nicht wieder vier Jahre mit der Aussage: Ich hätte gerne ein Lobbyregister, es kann aber leider nichts werden, weil der Koalitionspartner nicht mitmacht. – Verdammt noch mal, wenn wir in der Lage waren, mit der Union und der FDP ein Lobbyregister zu vereinbaren, dann frage ich mich: Warum haben Sie das dann nicht auf die Kette gekriegt?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)