Integrationsgesetz von Schwarz-Rot: wenig Licht-viel Schatten

8. Juni 2016

Integration finden alle gut. Jeder ist für schnelle Hilfen, damit Integration vor Ort gelingt.

Ein Integrationsgesetz ist deshalb eine sehr gute Idee. Eine solche Weiterentwicklung ist längst überfällig, denn das erste Anwerbeabkommen für die Einwanderung von Arbeitskräften ist jetzt 61 Jahre alt. Leider hält der Entwurf des Integrationsgesetzes nicht das, was die Überschrift verspricht. Neben einigen überfälligen Verbesserungen enthält es viel Murks. Außerdem spart es vieles aus, was eigentlich dringend nötig wäre.

Die Große Koalition greift mit einigen ihrer Vorhaben auf  grüne Forderungen und Vorschläge zurück: U.a. soll die sogenannte Vorrangprüfung für Flüchtlinge beim Arbeitsmarktzugang ausgesetzt werden. Niedrigschwellige Beschäftigungsmöglichkeiten (sogenannte Arbeitsgelegenheiten) werden wohl geschaffen und die berufliche Ausbildung von Asylsuchenden wird unterstützt.

Das alles sind Schritte in die richtige Richtung. Allerdings liegt hier der Teufel im Detail. Die favorisierten Arbeitsgelegenheiten im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes finden in der Regel fern der beruflichen Praxis statt. Die Vorrangprüfung soll in Regionen mit einer unterdurchschnittlichen Arbeitslosenquote aufgehoben werden. Geflüchteten Azubis will Schwarz-Rot eine Duldung anbieten und diese soll aber beim Abbruch einer Ausbildung sofort wegfallen.

Auf vieles bleibt die große Koalition auch eine Antwort schuldig oder erhält bewusst den mangelhaften Status quo bei. Weiterhin haben nur Schutzsuchende mit „guter Bleibeperspektive“ Zugang zu Integrationsangeboten. Dies sind heute Asylsuchende aus Syrien, Iran, Irak und Eritrea. Was ist mit den vielen Flüchtlingen aus anderen Ländern?

Hinzu kommt, dass dieser Gesetzentwurf an vielen notwendigen Fragen vorbeigeht. Die Erweiterung der Rechtsansprüche auf Zugang zum Integrationskurs, die Adressierung der Belange besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge, die Entlastung der Kommunen, der Ausbau von Beratungsmöglichkeiten beziehungsweise der Gewaltprävention sowie die Unterstützung der Zivilgesellschaft. Lösungsvorschläge hierzu sucht man in dem schwarz-roten Integrationsgesetz leider vergebens.

Außerdem will Schwarz-Rot mit ihrem Integrationsgesetz vorhandene Rechtspositionen von Flüchtlingen deutlich schwächen. Drei Beispiele:

1.       Zum einen möchte es die Große Koalition den Ländern ermöglichen, anerkannten Flüchtlingen für drei Jahre einen Wohnort zuzuweisen. Eine Wohnortzuweisung kann aber nur funktionieren, wenn sichergestellt ist, dass für den jeweiligen Flüchtling am Zielort tatsächlich ausreichende Integrationsangebote vorhanden sind. Der Bund könnte hier mit einer zweckgebundenen Unterstützung von Kommunen Anreize schaffen. Dieser Zusammenhang von Wohnsitzauflage und der erforderlichen Integrationsinfrastruktur wird im Integrationsgesetz noch nicht einmal erwähnt.

2.       Schwarz-Rot will die Regeln verschärfen, nach denen anerkannte Flüchtlinge dauerhaft in Deutschland bleiben können. Bisher erfolgte dies drei Jahre nach der Anerkennung mehr oder weniger automatisch, da Flüchtlinge in der Regel ohnehin eine unbefristete Schutz- und Bleibeperspektive bei uns haben. Nun sollen diese Menschen und ihre Kinder aber nur noch dann die Erlaubnis erhalten, sich bei uns niederzulassen, wenn sie Sprachkenntnisse, Lebensunterhaltssicherung und Wohnraum nachweisen.

3.       Schwarz-Rot behauptet zudem, es gäbe bei Flüchtlingen ein Problem mit einer „Integrationsverweigerung“. Dieser Vorwurf ist nicht nachweisbar. Belegt ist hingegen, dass Asylsuchende deswegen keinen Sprachkurs besuchen können, weil sie entweder vom Kursbesuch ausgeschlossen, weil viele Kurse ausgebucht sind und weil Schwarz-Rot die kursbegleitende Kinderbetreuung abgeschafft hat.

Im Ergebnis wird es demnächst ein Integrationsgesetz geben. Leider verlieren sich Union und SPD aber wieder einmal im Klein-Klein. Die Integration und der Schutz der Flüchtlinge kommen viel zu kurz. Dabei wird beides so dringend gebraucht. Statt bürokratische Ungetüme zu schaffen, sollten wir die Städte und Gemeinden stärken, den sozialen Wohnungsbau umfangreicher fördern und Schulen, Betriebe und den öffentlichen Raum zu Orten des Willkommens machen.