Vergabe von Strom- und Gasnetzen neu geordnet – Rekommunalisierung weiter rechtsunsicher

19. Dezember 2016

Die Große Koalition hat die Vergabe von Konzessionen für Strom- und Gasnetze neu geordnet. Die grüne Forderung, Direktvergaben zu ermöglichen. wurde nicht umgesetzt. Damit bleibt die Rekommunalisierung von Netzen auch nach dieser Reform vor Gerichten angreifbar.

Wir Grüne fordern seit langem, es den Kommunen zu erleichtern, ihre Strom- und Gasnetze selbst in die Hand zu nehmen. Denn die Rekommunalisierung von Energienetzen hat viele Vorteile: Sie erleichtert die Umsetzung örtlicher integrierter Klimaschutzkonzepte. Das setzt jedoch voraus, dass die Kommune die Steuerungsfähigkeit behält. Sie muss selbst entscheiden können, ob sie ihr Netz fremd vergibt oder es selbst in die Hand nimmt.

Rechtlich zweifelsfrei kann dies nur über die Möglichkeit der Direktvergabe (Inhouse-Vergabe) geschehen. Doch dazu konnte sich die Große Koalition nicht durchringen. Viel schlimmer noch, sie verfehlt ihr im Koalitionsvertrag gesetztes Ziel bei der Konzessionsvergabe endlich Rechtssicherheit zu schaffen.

Rekommunalisierungen stehen seit Jahr und Tag auf tönernen Füßen. Traditionell sind die Netze fest in der Hand der Energiekonzerne, die mit den Kommunen sog. Konzessionsverträge abgeschlossen haben. Für Kommunen ist der Rückkauf eines Stromnetzes nach Ablauf eines Konzessionsvertrages jedoch mit vielen rechtlichen Risiken verbunden. Diese Rechtsunsicherheit führte zur systematischen Bevorteilung des Altkonzessionärs. Vor allem die Bewertung der Netze und vergaberechtliche Beschränkungen machten den Rückkauf eines Stromnetzes zum Vabanquespiel für die Kommunen. Die neue rechtliche Regelung im Gesetz „zur Änderung der Vorschriften zur Vergabe von Wegenutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung (BT-Ds 18/8184; 18/10503) führt nun als Bewertungsmaßstab bei Neuvergabe der Konzessionen für Verteilnetze einen „objektivierten Ertragswerts” ein (bisher Sachzeitwert). Positiv sind auch einige prozedurale Regelungen wie Streitwertbegrenzungen und Auskunftsansprüche der Kommunen gegenüber den Altkonzessionären etc., die ebenfalls zu begrüßen sind.

Die entscheidende Frage, ob die Kommune direkt vergeben kann, wurde jedoch nicht gelöst. Dabei ermöglicht das EU-Recht ein solches Vorgehen. Die unzähligen Gerichtsverfahren mit unterschiedlicher Auslegung wie die Kommunen ihre örtlichen Belange bei einer Vergabe einbringen können, könnten damit ein Ende gesetzt werden. Doch diese Rechtsunsicherheit bleibt leider auch nach der aktuellen Novelle bestehen. Statt Inhouse zu ermöglichen wird in § 46 Abs. 4 EnWG neue Unsicherheit durch die Festlegung neuer unbestimmter Auswahlkriterien geschaffen. Zwar wird den Gemeinden ermöglicht, örtliche Belange bei der Vergabe zu berücksichtigten, allerdings werden für die Auswahl bisher nicht bekannte Begriffe wie „netzwirtschaftliche Anforderungen“, „Versorgungssicherheit“ und „Kosteneffizienz“ eingeführt, und zwar ohne zu gewichten, in welchem Verhältnis diese Kriterien zu den örtlichen Belangen bei der Vergabe stehen sollen. Ein Einfallstor für rechtliche Angriffe auf jedes zukünftig durchgeführte Konzessionsverfahren.

Die Anhörung zum Gesetzentwurf hat eindeutig ergeben, dass hier dringend nachgebessert werden muss. Doch offenbar hat sich die der SPD gegenüber der Union nicht durchsetzen können, welche ausdrücklich Wettbewerb über kommunale Belange stellt.

Nach unserer Überzeugung sollte die Möglichkeit für die Gemeinde geschaffen werden, zunächst ein Vergabeverfahren durchführen, bei dem die Kriterien transparent und die Bedingungen der Netzübernehme für die Bewerber klar sind. Dazu braucht es eine Anpassung der Vergabekriterien.

Wenn sich die Gemeinde aber entscheidet, das Netz an ein städtisches Unternehmen zu vergeben, so soll sie das außerhalb der Ausschreibung tun können (Direktvergabe/Inhouse).

Die Rede meines Kollegen Oliver Krischer zur abschließenden Beratung des Gesetzentwurfes kann hier nachgelesen werden.