Britta Haßelmann – Newsletter

Der Bericht aus dem Bundestag von Britta Haßelmann, MdB

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Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe interessierte Abonnent*innen,

der Klimaschutz kann nicht mehr warten - wir müssen jetzt handeln. Zu lange schon tut die Bundesregierung nichts, bei CDU/CSU und SPD herrscht Stillstand anstatt die Herausforderungen der Bekämpfung der Klimakrise anzugehen. Das Klimakabinett bleibt inaktiv, die Klimaschutzziele 2020 halten sie nicht mehr und die Resultate der Kohle-Kommission setzt die Koalition nicht um. Um zum Handeln aufzurufen, haben wir am Mittwoch der letzten Sitzungswoche das Thema in unserer Aktuellen Stunde auf die Tagesordnung des Bundestages gesetzt. Wir unterstützen die Forderungen protestierender Schüler*innen, Ökonomen und Wissenschaftler*innen, es müssen konkrete Maßnahmen folgen. Ein wirksamer CO2-Preis sowie die unverzügliche Einleitung des Kohleausstiegs gehören unbedingt dazu.

Deutschland muss die Rechte von Kindern gewährleisten und schützen. Dies ist eine völkerrechtliche Verpflichtung. Das 30-jährige Jubiläum der UN-Kinderrechtskonvention ist uns ein Anlass, sich dafür stark zu machen, dass Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden sollten. Wir haben unseren Formulierungsvorschlag dafür am Donnerstag letzter Woche in den Bundestag eingebracht. Denn bei der Umsetzung der Konvention haben Union und SPD bisher keine Initiative gezeigt. Es ist jedoch unabdingbar, dass alle Kinder dieselben Rechte besitzen. Solche Grundprinzipien im Grundgesetz festzuschreiben, hätte eine große Strahlkraft auf alle Ebenen.

Vielfalt ist eine der wichtigsten Charakteristika unserer Gesellschaft. Dennoch erfahren viele LSBTI auch heute noch Diskriminierung und Anfeindungen. Die Bundesregierung reagiert darauf bisher kaum und geht über vage Absichtserklärungen nicht hinaus. Deshalb fordern wir einen Aktionsplan "Vielfalt leben", um die Akzeptanz sexueller wie auch geschlechtlicher Vielfalt voranzubringen. Dazu gehört auch die Abschaffung des aktuellen Transsexuellengesetzes, das die Würde der Betroffenen verletzt. Stattdessen plädieren wir für ein Selbstbestimmungsgesetz zur Anerkennung der Geschlechtervielfalt in unserer Gesellschaft.

Ein Paket aus sieben Asyl- und Ausländerrechtsgesetzen haben Union und SPD am Freitag aufgesetzt. Dieser Aufsetzung haben wir widersprochen. Das Gesetzgebungsverfahren ist überhastet und die Sachverständigenanhörungen zu Gesetzentwürfen werden so zur Farce.  Sehr kritisch sehen wir zahlreiche grundrechtsrelevante, sehr problematische Aspekte der verschiedenen Gesetzesvorhaben. Viele der schwerwiegenden, grundrechtsrelevanten Änderungen von Bundesregierung und Union und SPD können lehnen wir ab.

Herzliche Grüße

Eure

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Aktuelle Stunde: Maßnahmen für den Klimaschutz konkretisieren

Seit Monaten schiebt die Bundesregierung Klimaschutz auf die lange Bank. Zuerst wurde das selbstgesteckte Klimaschutzziel 2020 aufgegeben, dann wichtige Entscheidungen in Kommissionen (wie zum Beispiel die Kommission "Wachstum, Strukturwandel, Beschäftigung" - so genannte Kohle-Kommission) oder in neu gegründete Arbeitskreise (wie das Klimakabinett) vertagt. Geschehen ist bisher nichts. Und dabei zeigen nicht erst die wöchentlich streikenden Schülerinnen und Schüler, auch führende Ökonomen und Wissenschaftler fordern: Endlich den Klimaschutz ernstnehmen und keine Zeit verschwenden. Die Maßnahmen und Möglichkeiten liegen auf dem Tisch. Ein sozial gerechter und wirksamer CO2-Preis erzielt eine wichtige Lenkungswirkung für klimafreundliche Technologien und Verhalten. Die von der Bundesregierung eingesetzte Kohle-Kommission hat schon Ende Januar 2019 einen Kompromiss für den Ausstieg aus der Kohleverstromung vorgelegt. Auch mehrere Monate später haben es CDU/CSU und SPD nicht geschafft, den Kohleausstieg einzuleiten.

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Kinderrechte im Grundgesetz festschreiben

Seit vielen Jahren setzen wir uns dafür ein, die Rechte von Kindern und Jugendlichen ausdrücklich im Grundgesetz zu stärken. Die Zeit ist überfällig, doch die Koalition ist sich uneinig und lahmt in der Frage der Umsetzung. Im Jahr des 30 jährigen Jubiläums der UN-Kinderrechtskonvention bringen wir deshalb einen konkreten Formulierungsvorschlag in den Bundestag ein. Wir wollen klarstellen, dass alle Kinder die gleichen Rechte haben: Recht auf Schutz, auf Förderung und auf Beteiligung. Die Verankerung dieser Grundprinzipien im Grundgesetz hätte eine Strahlkraft auf alle Ebenen, ob in Rechtsprechung, Gesetzgebung oder Verwaltung. Starke Kinderrechte gehören ins Grundgesetz, weil sie den Staat dazu verpflichten, die Interessen von Kindern bei allen Entscheidungen mitzudenken. Das Wohl des Kindes hätte ein besonderes Gewicht bei politischen Abwägungen. Wir wollen, dass Kinder an allen Entscheidungen, die sie betreffen, beteiligt und ihre Interessen berücksichtigt werden und dass ihre mit dem Alter der Kinder und Jugendlichen zunehmende Selbstbestimmungs- und Beteiligungsfähigkeit beachtet wird. So machen wir Politik für ein kinderfreundliches Land.

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Friedliche Proteste am Platz des Himmlischen Friedens vor 30 Jahren niedergeschlagen

Am 4. Juni 2019 jährt sich das Tian'anmen Massaker in Peking zum 30. Mal. In der Nacht zum 4. Juni 1989 ließ die chinesische Regierung die seit Wochen auf dem Platz des Himmlischen Friedens andauernden friedlichen Studierendenproteste für politische und wirtschaftliche Reformen durch das Militär blutig niederschlagen. Bis heute gibt es keine gesicherten Opferzahlen. Damals wie heute unternimmt die chinesische Regierung größte Anstrengungen, um jegliche Form der Aufarbeitung und des Gedenkens an die Proteste zu unterbinden. Auch Jahre später stehen Aktivistinnen und Aktivisten noch unter Hausarrest oder geheimdienstlicher Beobachtung. Im Vorfeld des Jahrestages kommt es alljährlich zu verstärkter Zensur, kurzfristigen Verhaftungen und Hausarresten. Anlässlich des 30. Jahrestages wird ein massives Vorgehen gegen jede Form des Gedenkens befürchtet. Wir erklären uns mit den Aktivistinnen und Aktivisten von damals und heute solidarisch und gedenken den Opfern. Die deutsche Bundesregierung muss ihre Einflussmöglichkeiten auf die chinesische Regierung nutzen. Sie sollte sich ihr gegenüber gegen jegliche Form der Überwachung, Einschüchterung und Kriminalisierung von Aktivisten und Aktivistinnen, Hinterbliebenen sowie Journalisten und Journalistinnen, die sich für ein öffentliches Gedenken und eine umfassende und unabhängige Aufarbeitung des Massakers einsetzen, aussprechen. Deutschland verhält sich häufig zu sorglos im Umgang mit China. Wir fordern die deutsche Bundesregierung auf, sich gegenüber der chinesischen Regierung für eine umfassende und unabhängige Aufarbeitung der Niederschlagung einzusetzen. Die Opfer müssen rehabilitiert und Täter strafrechtlich verfolgt werden.

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Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt: Aktionsplan gefordert

Auch wenn Lesben, Schwule, Bisexuelle, transgeschlechtliche und intergeschlechtliche Menschen (LSBTI) zunehmend offen leben, bleibt Diskriminierung im Alltag ein großes Problem. Vor allem queere Jugendliche leiden beispielsweise unter Schimpfwörtern wie "schwule Sau" in der Schule oder im Sportverein. Vorurteile und Ressentiments gegenüber LSBTI sind tief in der Mitte der Gesellschaft verankert.  Auch zwei Jahre nach Öffnung der Ehe gibt es noch viel zu tun bei rechtlicher Gleichstellung und Teilhabe in allen Lebensbereichen. Die Bundesregierung muss LSBTI-Feindlichkeit entschlossen entgegentreten und Handlungsstrategien dagegen entwickeln. Wir fordern auch auf Bundesebene einen Aktionsplan "Vielfalt leben" für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. Fast alle Bundesländer haben mittlerweile Aktionspläne aufgelegt. Die Bundesregierung und ihre Koalition bleiben bisher bei unverbindlichen Absichtserklärungen. Dabei gäbe es jede Menge zu tun. Insbesondere trans- und intergeschlechtliche Menschen erleben täglich harte Anfeindungen und Übergriffe. Das bestehende Transsexuellengesetz bestimmt über ihr Geschlecht und nimmt ihnen Selbstbestimmung und Würde. Deshalb muss es abgeschafft und durch ein Selbstbestimmungsgesetz zur Anerkennung der Geschlechtervielfalt ersetzt werden. Das Eintreten für die Menschenrechte von LSBTI darf nicht an deutschen Grenzen enden. In etwa 70 Ländern der Welt steht gleichgeschlechtliche Liebe noch immer unter Strafe, teilweise sogar unter Todesstrafe. In Fällen akuter Bedrohung von LSBTI-Aktivist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen muss die Bundesregierung kurzfristige Visaerteilungen und Aufnahmen zulassen.

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30-jähriges Jubiläum der Friedlichen Revolution

Diesen Herbst jährt sich der Fall der Berliner Mauer zum dreißigsten Mal. Dies ist ein Grund zum Feiern. Zugleich erinnert uns dieses Datum daran, was der Mut von Bürgerinnen und Bürgern bewirken kann: die gemeinsame Selbstemanzipation von der Willkür einer Diktatur. In ihrem Antrag "30 Jahre Friedliche Revolution" würdigt die Koalition den Einsatz all der Menschen, die damals auf die Straße gegangen sind und hebt dabei insbesondere die Besetzung der Stasi-Zentralen hervor. Zu kurz kommt aus unserer Sicht die europäische Dimension der Auflösung des Ostblocks, ohne die Bürgerrechtsbewegungen in Osteuropa und die Grenzöffnung zu Ungarn wäre die Friedliche Revolution kaum denkbar gewesen. Im Forderungsteil des Antrags finden sich viele gute Vorschläge, die teilweise unseren Anträgen zu Rehabilitierung der Opfer der SED-Diktatur und der Rehabilitierung von DDR-Heimkindern entsprechen. Skeptisch sind wir allerdings, was das von der Koalition vorgeschlagene "Denkmal zur Erinnerung und Mahnung an die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft in Deutschland" angeht. Anstatt von der Bundesregierung ein Konzept zu fordern, wäre es aus unserer Sicht sinnvoll, zunächst eine breite gesellschaftliche Debatte zu führen - vor allem über einen passenden Namen und Ort für einen solchen Gedenkort. Grundsätzlich hätten wir es beim Thema Friedliche Revolution angemessen gefunden, wenn dieser Antrag interfraktionell erarbeitet worden wäre und auch wir als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in den Entstehungsprozess eingebunden worden wären - nicht zuletzt, weil Mitglieder von Bündnis 90 entscheidend mit zur Demokratisierung der ehemaligen DDR beigetragen haben.

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Reform der Hebammenausbildung

Hebammen werden bereits überall in der Europäischen Union akademisch ausgebildet - außer in Deutschland. Dabei gibt das EU-Recht den Mitgliedsstaaten vor, dass Hebammen zukünftig nur noch dann europaweit anerkannt werden, wenn sie eine zwölfjährige Schulbildung und eine wissenschaftlich fundierte Ausbildung vorweisen können. Die Hebammenverbände fordern eine solche Akademisierung schon lange. Frist für die Umsetzung der EU-Richtlinie ist der Januar 2020. Doch die Bundesregierung hat lange die Hände in den Schoß gelegt und nichts getan. Noch im Sommer des vergangenen Jahres hatte Gesundheitsminister Spahn auf Anfrage unserer Fraktion nur ausweichend auf die Frage reagiert, ob, wie und wann sein Ministerium die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Akademisierung schaffen würde.

Nun sieht Spahn endlich ein, dass EU-Vorgaben auch für ihn gelten und legt einen Gesetzentwurf vor. Im Zuge des knappen Gesetzgebungsverfahrens werden wir darauf dringen, dass offene Fragen zum Ablauf der Ausbildung und zu Ausbildungsorten geklärt werden. Denn die Hebammenausbildung bildet den Grundstein für eine qualitativ hochwertige, bedarfsgerechte und dem aktuellen wissenschaftlichen Stand entsprechende Geburtshilfe.

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Für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das seinen Namen verdient

Die grüne Bundestagsfraktion hatte bereits im Dezember 2018 einen Entwurf für ein Einwanderungsgesetz in den Bundestag eingebracht. Ziel ist die Gestaltung einer Einwanderungsgesellschaft, die die Interessen und Talente der Menschen in den Mittelpunkt stellt und gleichzeitig den Bedarf an Arbeitskräften in Deutschland auch in Zukunft zu decken.

Dem Regierungsentwurf zur Fachkräfteeinwanderung hingegen fehlt es an Mut und Innovationskraft. Union und SPD gelingt es nicht, die Komplexität der Einwanderungsregeln übersichtlicher zu gestalten und die Einwanderungsmöglichkeiten zu vergrößern. Neue Einwanderungsmöglichkeiten werden mit hohen, und gegenüber der geltenden Rechtslage weiteren Voraussetzungen überfrachtet, so dass diese in der Praxis zu bloßen Einzelfallregelungen verkommen werden. In der Folge werden partiell eher weniger als mehr Fachkräfte aus dem Nicht-EU-Ausland kommen. Auch für die Talente, die sich bereits ohne einen sicheren Aufenthaltstitel in Deutschland befinden, wird nur eine sehr unzureichende Regelung angeboten.

Dieser Befund wurde in der Anhörung am 3. Juni von nahezu allen Sachverständigen bestätigt.

Dies ist ein fatales Signal sowohl für die Menschen in Ausbildung und Arbeit, als auch für die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen, die auf sie als Arbeitskräfte angewiesen sind. Die Bundesregierung verschließt weiterhin die Augen vor der Gestaltung einer modernen Einwanderungspolitik.

Wir wollen ein Einwanderungsgesetz, das diesen Namen auch verdient. Nur so ist es möglich, die demografische Herausforderung wirksam zu adressieren. Unsere Kernpunkte:

  • Die bestehenden Regelungen der Arbeitskräfteeinwanderung werden durch ein Einwanderungsgesetz liberalisiert, systematisiert und vereinfacht.
  • Der Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit wird erleichtert und bei entsprechenden Voraussetzungen auch für Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie Geduldete geöffnet ("Spurwechsel")
  • Das gegenwärtige, an den Nachweis eines Arbeitsangebots gebundene und daher nach-frageorientierte Arbeitsmigrationsrecht wird durch die Chance der Angebotsorientierung ("Punktesystem") ergänzt, also um die Möglichkeit für Arbeitskräfte zur Arbeitsplatzsuche vor Ort.
  • Das Einwanderungsgesetz baut die Bildungsmigration zu einem echten migrationspolitischen Schwerpunkt aus. Die Möglichkeiten in Deutschland zu studieren oder einen qualifizierten Berufsabschluss im Rahmen der Aus- und Weiterbildung zu machen, werden durch Rechtsansprüche rechtssicher ausgestaltet.
  • Das deutsche Einwanderungsrecht wird globalisierungstauglich ausgestaltet, z. B. indem es Möglichkeiten schafft, sich länger als bisher im Ausland beruflich, sozial, ökologisch oder humanitär zu engagieren, ohne den deutschen Aufenthaltstitel zu verlieren.

Begleitend bekräftigen wir mit einem Antrag "Bleiberecht für Geflüchtete gestalten" die Forderungen rund um den "Spurwechsel". Viele Menschen mit einer Duldung sind bestens integriert, arbeiten oder würden alle Voraussetzungen mitbringen, eine Berufsausbildung aufzunehmen, aber die Ausländerbehörden verwehren dies bis heute. Die Potentiale dieser Menschen versanden, die fehlende rechtliche Sicherheit behindert ihre Integration, gerade wenn eine Abschiebung auf absehbare Zeit nicht möglich ist. Damit haben wir eine wachsende Gruppe von Menschen, die faktisch hier leben, aber nicht teilhaben können. Das wollen wir grundlegend ändern.

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"Geordnete-Rückkehr-Gesetz" höchst fragwürdig

Das sogenannte «Geordnete-Rückkehr-Gesetz», das die Abschiebung von Ausreisepflichtigen und Straftätern erleichtern soll, ist einseitig auf Abschreckung ausgerichtet, verfassungsrechtlich höchst fragwürdig und für die Integration schädlich, da es viele Geflüchtete kategorisch von jedweder Integrationsförderung ausschließt. Es wird zeitgleich mit anderen Gesetzespaketen zum Aufenthalts- und Asylrecht eingebracht und wird dazu führen, dass zum Beispiel die Vorschriften im Gesetzentwurf zur Ausbildungsduldung nicht mehr viele Geflüchtete erreichen, weil ihnen mit einer sogenannten "Duldung light" keine Integrationsangebote zustehen oder sie abgeschoben wurden. Bei der Abschiebungshaft hält die Bundesregierung an dem Bild der Notlage in Deutschland fest, die es so nicht gibt und verlangt von den Ländern die Schaffung von mehr Haftplätzen. Bis dahin, verlangt sie eine Unterbringung von Abschiebehäftlingen in Strafhaft. Das Grundgesetz erlaubt es nicht, das Grundrecht auf Freiheit einzuschränken, nur um der Verwaltung die Arbeit zu erleichtern. Haft ist das höchste Sanktionsmittel in unserem Rechtsstaat, denn es greift in fundamentale Grundrechte eines Menschen ein. Anders als bei der Strafhaft hat ein Abschiebehäftling keine Straftat begangen. Auch das Grundrecht auf Freiheit ist migrationspolitisch nicht zu relativieren.

In der Sachverständigenanhörung am Montag, 3. Juni, bestätigten die Vertreter des Deutschen Anwaltsvereins und des Paritätischen unsere Kritik. Kurz nach dem Ende der Anhörung kamen dann umfangreiche Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen, die zu den bereits im Gesetzentwurf vorgesehen rechtsstaatlich bedenklichen Verschärfungen noch weitere vorsehen. So soll die Isolierung von Asylsuchenden in sogenannten Anker-Zentren und anderen Aufnahmeeinrichtungen bundesweit von sechs auf 18 Monate ausgedehnt werden. Die gesellschaftliche Isolierung wird zudem mit einem Arbeitsverbot von bis zu neun Monaten und einer Verweigerung von normalen Sozialleistungen während der 18 Monate untermauert. Extrem problematisch ist außerdem die neue Möglichkeit, ausreisepflichtige Personen schon 30 Tage nach Ablauf ihrer Ausreisefrist in Abschiebehaft zu nehmen - unabhängig davon, ob sie Anzeichen dafür zeigen, untertauchen zu wollen. Gleichzeitig soll im Rahmen der Abschiebung den Behörden ermöglicht werden, ohne richterlichen Beschluss die Wohnung der Betroffenen zu betreten.

Besonders brisant: Die Änderungsvorschläge der Koalition setzen noch nicht einmal die im Koalitionsvertrag versprochene unabhängige Asylverfahrensberatung konsequent um. Stattdessen wird festgeschrieben, dass das BAMF - die staatliche Behörde also, die selbst an dem Verfahren beteiligt ist - »unabhängig« beraten soll. Tatsächlich unabhängige Akteure, wie die Wohlfahrtsverbände, dürfen nur in einem zweiten Schritt eine individuelle Beratung anbieten, es ist aber fraglich wie das in der Praxis aussehen wird und wer das finanziert.

Wir lehnen den Gesetzentwurf ab.

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