22. März 2016
Die Bundesregierung will zur Förderung des Wohnungsbaues eine Sonderabschreibung für private Bauherren auf den Weg bringen. Besser wäre es die Mittel für den Sozialen Wohnungsbau aufzustocken und neue Wege durch eine Wiederbelebung der Wohnungsgemeinnützigkeit zu gehen.
Mit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus (Drucksache 18/7736) plant die Große Koalition den Wohnungsbau in Groß- und Universitätsstädten anzukurbeln. Gefördert werden sollen Abschreibungen über drei Jahre in Höhe von 10 % (Jahr 1 und 2 nach Fertigstellung) und 9 % (Jahr 3) der Herstellungs- oder Anschaffungskosten (bis zu 3.000 Euro/qm) mit maximal 2000 Euro je Quadratmeter Wohnfläche. Zusätzlich kann die lineare Abschreibung in Höhe von 2 % im Jahr erfolgen. So erhöht sich die mögliche Abschreibung von 6 auf 35 % in den ersten drei Jahren. Bisher veranschlagter Kostenpunkt 2,15 Mrd. Euro in Form von steuerlichen Mindereinnahmen. Davon trägt der Bund 875 Mio. Euro, die Länder 810 Mio. Euro, die Kommunen 465 Mio. Euro.
Erklärtes Ziel der Sonder-Abschreibung für den Mietwohnungsbau soll nach Meinung der Bundesregierung sein, die Mieten im unteren und mittleren Preissegment, also für Menschen mit geringem Einkommen zu fördern. Doch dies wird nicht der Fall sein. Die Förderbedingungen sind so formuliert, dass allenfalls das mittlere und höhere Preissegment profitieren wird, nicht jedoch das untere Mietpreissegment.
Auf meine Frage in der Fragestunde des Bundestages vom 16.3.2016: Wie will die Bundesregierung konkret sicherstellen, dass mit der Sonderabschreibung für den Wohnungsbau gemäß dem Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus Wohnungen im unteren Preissegment gebaut werden? Antwortet die Bundesregierung:
Die Begrenzung der förderfähigen Bemessungsgrundlage auf maximal 2 000 Euro je Quadratmeter Wohnfläche (ohne Grundstück) setzt deutliche finanzielle Anreize für Investoren, die Baukosten möglichst auf diese Summe zu begrenzen, da höhere Baukosten nicht von der Sonderabschreibung profitieren. Die Begrenzung der Baukosten auf 3 000 Euro je Quadratmeter Wohnfläche stellt sicher, dass die geförderten Wohnungen bezogen auf die Ausstattung nicht im Luxussegment liegen. Bei der Ermittlung der Baukostenobergrenze wurden pauschalierend regionale Baukostenunterschiede und höhere Anschaffungskosten von privaten Vermietern, die die größte Anbietergruppe auf dem Mietwohnungsmarkt darstellen, berücksichtigt.
Wir meinen: Der Baukostendeckel von bis zu 3.000 Euro ist so hoch angesetzt, dass auch teure Wohnungen gefördert werden. Doch selbst wenn mit der Förderung billiger gebaut werden sollte, warum sollte ein Bauherr günstiger vermieten, wenn der Wohnungsmarkt höhere Mieten abwirft?
Ohne Mietobergrenzen oder Sozialbindungen – für die wir Grüne uns im Bundesrat stark machen - wird keine Wohnung im unteren Preissegment entstehen und das Ziel der Förderung von Wohnungen im unteren Mietsegment verfehlt werden.
Die Sonder-Abschreibung für den Mietwohnungsbau schafft auch keine Steuervorteile für die Unternehmen, die im unteren und mittleren Preissegment agieren, wie zum Beispiel Genossenschaften – die ja sowieso bereits steuerbefreit sind – und die öffentlichen Wohnungsunternehmen.
Die Bundesregierung ist bereit, mehr als 2 Mrd. Euro für die Förderung mittleren und hohen Preissegmente für private Investoren im Mitwohnungsbau zu investieren. Doch die Menschen mit niedrigem Einkommen, mit besonderem Bedarf gehen leer aus: Arbeitslose, Alleinerziehende, Rentner, Studenten und Menschen, die zu uns geflüchtet sind, um Schutz vor Krieg und Gewalt zu finden. Gerechtigkeit sieht anders aus.
Um Wohnraum für Menschen mit besonderem Bedarf zu schaffen, muss eine Mietpreisbindung bei der geplanten steuerlichen Förderung des Mietwohnungsbaus her und deutlich mehr Geld in den sozialen Wohnungsbau investiert werden.
Das Prinzip der Wohnungsgemeinnützigkeit neu beleben
Das Problem ist alt: Seit Jahren verlieren wir Wohnungen mit Sozialbindung. Von 2,5 Millionen Sozialwohnungen, die es im Jahr 2002 gab, sind mittlerweile nur noch 1,5 Millionen übrig geblieben. Der Bedarf an Sozialwohnungen ist also hoch und steigt weiter. Auch die vielen Menschen, die zu uns fliehen, brauchen dringend günstigen Wohnraum.
Jedes Jahr verlieren 60.000 Sozialwohnungen ihre Bindung und gelangen auf den freien Wohnungsmarkt - mit enormen Mietsprüngen und maximalen Renditen. Um den Abwärtstrend zu stoppen und wieder Bestand aufzubauen müssten eigentlich jährlich 160.000 Wohnungen dazu gebaut werden. D.h. wir brauchen eine OFFENSIVE im Sozialen Wohnungsbau, die diesen Namen auch verdient.
Dafür wird die Aufstockung der Bundesmittel von 500 Mio. auf 1 Mrd. Euro, wie sie für 2016 vorgesehen ist, nicht reichen. Es ist gut und zu begrüßen, dass die Große Koalition sich jetzt für das Jahr 2017 auf 1,8 Mrd. Euro einigen konnte. Doch dabei darf es nicht bleiben.
Der nächste Schritt ist eine Stärkung der Akteure, die im Sozialen Wohnungsbau aktiv sind: Baugenossenschaften und Bauvereine, kommunalen Wohnungsgesellschaften, Wohnprojekten und private Vermieter. Und nicht nur große Player auf dem Wohnungsmarkt, die einseitig auf Rendite schielen.
Außerdem brauchen wir mehr Nachhaltigkeit bei der Öffentlichen Förderung. Alle 10 bis 15 Jahre werden heutzutage neue Unterkünfte und Sozialwohnungen gebaut, weil die Sozial-Bindungen stets zu kurz befristet sind. Um den Sozialen Wohnungsbau nachhaltig zu gestalten, brauchen wir eine Wiederbelebung der Wohnungsgemeinnützigkeit. Die Wohnungsgemeinnützigkeit wurde 1989 abgeschafft mit der Folge, dass der Bestand an Sozialwohnungen dramatisch geschrumpft ist. Ziel der Neuen Wohnungsgemeinnützigkeit muss eine dauerhafte Bindung an eine bezahlbare Miete sein. Wir wollen eine steuerliche Extra-Förderung zusätzlich zur Sozialen Wohnraumförderung und den Länder- und KfW-Programmen einführen. Für dieses Extra sollen sich die gemeinnützigen Unternehmen an soziale Regeln bezüglich Rendite und Mieterstruktur halten. Mit dieser Förderung wollen wir die Kosten für Wohnungsunternehmen, die gemeinnützig handeln, senken, günstigere Mieten schaffen und langfristig eine angemessene Rendite ermöglichen.
Zur Neuen Wohnungsgemeinnützigkeit siehe unser Fachgespräch vom 02.03.2016 und die von uns beauftragte Machbarkeitsstudie. Eine Bundestagsinitiative hierzu werden wir in Kürze auf den Weg bringen.