Keine Einigung bei Steueranreizen für Wohnungsbau

8. Juni 2016

In der Großen Koalition gibt es Zwist um die geplante Sonderabschreibung für den Mietwohnungsbau. Zum Glück muss man sagen. Nach einer Expertenanhörung mit niederschmetternder Kritik an den Plänen aus dem Hause von Wolfgang Schäuble hat die SPD-Fraktion sich endlich auf unsere Argumentation eingeschwungen, eine Mietobergrenze einzufügen. Leider geht die Union nicht mit. Dabei ist in der Anhörung des Fachausschusses sehr deutlich geworden, dass die geplante Sonder-Afa für den Mietwohnungsbau allenfalls Mitnahmeeffekte für ohnehin geplante Mietwohnungen schafft. Nur in dem Bereich, in dem Wohnungen dringend benötigt werden, nämlich im unteren und mittleren Mietsegment, werden keine Anreize zum Mietwohnungsbau gesetzt.

Unsere Kritik an der Sonder-Afa wurde von der überwiegenden Mehrheit der Sachverständigen geteilt:

  • Der Baukostendeckel von bis zu 3.000 Euro ist so hoch angesetzt, dass auch teure Wohnungen gefördert werden. Doch selbst, wenn mit der Förderung billiger gebaut werden sollte, warum sollte ein Bauherr günstiger vermieten, wenn der Wohnungsmarkt höhere Mieten abwirft?
  • Ohne Mietobergrenzen oder Sozialbindungen – für die wir Grüne uns im Bundesrat stark machen - wird keine Wohnung im unteren Preissegment entstehen und das Ziel der Förderung von Wohnungen im unteren Mietsegment verfehlt werden.
  • Die Sonder-Abschreibung für den Mietwohnungsbau schafft keine Steuervorteile für die Unternehmen, die im unteren und mittleren Preissegment agieren, wie zum Beispiel Genossenschaften – die ja bereits steuerbefreit sind – und die öffentlichen Wohnungsunternehmen.

Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Christian Kühn und mir gesteht die Bundesregierung ein, dass sie mit den geplanten 2,15 Mrd. Euro für die Sonder-Afa gerade einmal 50.000 Mietwohnungen zusätzlich schaffen will. Damit würde jede geförderte Mietwohnung im Durchschnitt mit 43.000 Euro gefördert! Kosten und Nutzen stehen hier außer Verhältnis. Bauministerin Barbara Hendricks (SPD) lässt aktuell gegenüber der Presse verlautbaren, dass sie den Ländern entgegenkommen wolle und den Baukostendeckel auf 2.600 Euro senken möchte, um die Förderung von Luxusbauten zu vermeiden. Denn die Länder müssen am Ende zustimmen. Darauf wird wohl auch der Kompromiss zwischen Union und SPD hinauslaufen. Bleibt zu hoffen, dass die erforderliche Mietobergrenze nicht unter den Tisch fällt. Immerhin hat die SPD-Fraktion vorübergehend mal ein sozialpolitisches Fähnlein hochgehalten.

Um Wohnraum für Menschen mit besonderem Bedarf zu schaffen, muss eine Mietpreisbindung oder eine Mietobergrenze bei der geplanten steuerlichen Förderung des Mietwohnungsbaus her und deutlich mehr Geld in den sozialen Wohnungsbau investiert werden.

Das Prinzip der Wohnungsgemeinnützigkeit neu beleben

Das Problem ist alt: Seit Jahren verlieren wir Wohnungen mit Sozialbindung. Von 2,5 Millionen Sozialwohnungen, die es im Jahr 2002 gab, sind mittlerweile nur noch 1,5 Millionen übrig geblieben. Der Bedarf an Sozialwohnungen ist also hoch und steigt weiter. Auch die vielen Menschen, die zu uns fliehen, brauchen dringend günstigen Wohnraum.

Jedes Jahr verlieren 60.000 Sozialwohnungen ihre Bindung und gelangen auf den freien Wohnungsmarkt - mit enormen Mietsprüngen und maximalen Renditen. Um den Abwärtstrend zu stoppen und wieder Bestand aufzubauen müssten eigentlich jährlich 160.000 Wohnungen dazu gebaut werden. D.h. wir brauchen eine OFFENSIVE im Sozialen Wohnungsbau, die diesen Namen auch verdient.

Dafür wird die Aufstockung der Bundesmittel von 500 Mio. auf 1 Mrd. Euro, wie sie für 2016 vorgesehen ist, nicht reichen. Es ist gut und zu begrüßen, dass die Große Koalition sich jetzt für das Jahr 2017 auf 1,8 Mrd. Euro einigen konnte. Doch dabei darf es nicht bleiben.

Der nächste Schritt muss eine Stärkung der Akteure, die im Sozialen Wohnungsbau aktiv sind, sein: Baugenossenschaften und Bauvereine, kommunalen Wohnungsgesellschaften, Wohnprojekten und private Vermieter. Und nicht nur große Player auf dem Wohnungsmarkt, die einseitig auf Rendite schielen.

Außerdem brauchen wir mehr Nachhaltigkeit bei der öffentlichen Förderung. Alle 10 bis 15 Jahre werden heutzutage neue Unterkünfte und Sozialwohnungen gebaut, weil die Sozial-Bindungen stets zu kurz befristet sind. Um den Sozialen Wohnungsbau nachhaltig zu gestalten, brauchen wir eine Wiederbelebung der Wohnungsgemeinnützigkeit. Die Wohnungsgemeinnützigkeit wurde 1989 abgeschafft mit der Folge, dass der Bestand an Sozialwohnungen dramatisch geschrumpft ist. Ziel der Neuen Wohnungsgemeinnützigkeit muss eine dauerhafte Bindung an eine bezahlbare Miete sein. Wir wollen eine steuerliche Extra-Förderung zusätzlich zur Sozialen Wohnraumförderung und den Länder- und KfW-Programmen einführen. Für dieses Extra sollen sich die gemeinnützigen Unternehmen an soziale Regeln bezüglich Rendite und Mieterstruktur halten. Mit dieser Förderung wollen wir die Kosten für Wohnungsunternehmen, die gemeinnützig handeln, senken, günstigere Mieten schaffen und langfristig eine angemessene Rendite ermöglichen.

Zur Neuen Wohnungsgemeinnützigkeit siehe auch den Fachbeitrag von Chris Kühn und mir dazu im Tagesspiegel und unsere Bundestagesinitiative zur Neuen Wohnungsgemeinnützigkeit

Wer tiefer einsteigen will siehe unser Fachgespräch vom 02.03.2016  und die von uns beauftragte Machbarkeitsstudie.

Meine Rede zur Sonder-Afa im Bundestag finden Sie hier

Schlagwörter: Daseinsvorsorge , Wohnungsbau , Kommunen