11. Juli 2017
Denn Schwierigkeiten durch immense kommunale Finanzkraftunterschiede spielten keine zentrale Rolle in den Verhandlungen. Grundlegende Antworten auf die kommunale Investitionsschwäche, eine Stärkung strukturschwacher Regionen und eine Lösung für kommunale Altschulden blieben deshalb aus.
Einzig beim Thema Investitionsschwäche präsentierten Bund und Länder einen bescheidenen Einstieg. Künftig ist es dem Bund erlaubt, den Kommunen mit Investitionshilfen für die Schulinfrastruktur unter die Arme zu greifen. Damit wird bedauerlicherweise nicht das Kooperationsverbot aufgehoben. Es ist vielmehr ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Denn die Schulinfrastruktur ist für mehr als ein Viertel des kommunalen Investitionsstaus in Höhe von 126 Milliarden Euro verantwortlich. Allerdings sind die vorgesehenen 3,5 Milliarden Euro in Relation zum Nachholbedarf überschaubar. Außerdem wird diese Finanzspritze die strukturellen Unterschiede nicht aufheben: Die Kommunen im Saarland investieren zirka 170 Euro pro Kopf jährlich. In Bayern kommen die Kommunen hingegen auf 510 Euro. Dieses Verhältnis von eins zu drei zeigt, dass die Handlungsfähigkeit in der kommunalen Familie immer weiter auseinandergeht.
Der Haushaltsaugleich und die Höhe der kurzfristigen Verbindlichkeiten sind laut KfW besonders ausschlaggebend für die Investitionshöhe vor Ort. Betroffene Städte und Gemeinden konnten in den letzten zwei Jahren über ein Drittel weniger in die eigene Infrastruktur investieren, als andere Kommunen. Erstmalig wurde zwar 2016 der kommunale Verschuldungstrend gebrochen. Die Schulden sanken um zwei auf 127,5 Milliarden Euro. Allerdings sind die Altlasten der letzten Jahre mancherorts erdrückend. Wer jedes Jahr rote Zahlenschrieb, der zahlt viele Zinsen und musste jahrelang auf notwendige Investitionen verzichten. Offizielle und versteckte Verschuldung durch den Investitionsstau vor Ort kommen so zusammen. Eine Lösung für kommunale Altschulden flankierend zu den Entschuldungsfonds in den einzelnen Ländern wäre für diese Kreise, Städte und Gemeinden eine große Hilfe. Denn jede Kommune braucht ihre Entwicklungschancen.
Außerdem wurde in dem Bund-Länder- Finanzausgleich versäumt, auf die zunehmende Ungleichheit zwischen den Regionen zu reagieren. Vielen strukturschwachen Regionen fehlt es inzwischen am Nötigsten. Da reicht die bisherige wirtschafts- und agrarbezogene Förderpolitik nicht aus, es müsste dringend in die allgemeine Infrastruktur investiert werden. Deshalb wollen wir als Grüne die Gemeinschaftsaufgaben auch auf regionale Daseinsvorsorge ausweiten. Bund und Länder haben sich untereinander geeinigt. Hiervon müssen auch strukturschwache Kommunen endlich profitieren.
Dieser Artikel erschien in der AKP - Fachzeitschrift für Alternative Kommunalpolitik Ausgabe 4/2017.