18. Oktober 2019
Zu Beginn dieser Legislaturperiode haben sich die Bundestagsfraktionen unter Leitung des Bundestagspräsidenten Schäuble zusammengesetzt, um zu beraten, wie ein übergroßer Bundestag vermieden werden kann – leider ohne Ergebnis.
Die Union war bisher nicht bereit, sich auf echte Lösungen einzulassen. Und bei der SPD weiß niemand so recht, was sie will. Wir sind aber der Überzeugung: Die Chance für eine Wahlrechtsreform ist vorhanden! Britta Haßelmann, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der grünen Bundestagsfraktion, Stefan Ruppert, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP Bundestagsfraktion und Friedrich Straetmanns, rechtspoltischer Sprecher der Bundestagsfraktion Die Linke, haben heute einen Gesetzentwurf vorgestellt, der von den Fraktionen noch im Oktober 2019 verabschiedet und in den Bundestag einbracht werden soll.
Laut Wahlgesetz sollen es im Bundestag 598 Abgeordnete sein – 2013 waren es aber 630, seit 2017 gibt es 709 Abgeordnete und – gemessen an aktuellen Umfragewerten - könnten es ab der nächsten Bundestagswahl vielleicht noch mehr werden. Der enorme Aufwuchs von Mandaten liegt vor allem an den Überhangmandaten. Diese entstehen, wenn eine Partei mehr Direktmandate erhält, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen würde. Die Überhangmandate machen wiederum einen Ausgleich für die anderen Fraktionen erforderlich. Verstärkt wird der Ausgleichsbedarf zusätzlich durch einen Rechenschritt, dem sogenannten Sitzkontingentverfahren. Diese Vorabberechnung bezieht sich auf Wahlergebnisse in den einzelnen Bundesländern.
Ausgangspunkt aller Überlegungen zur Reform des Wahlrechts ist für uns das personalisierte Verhältniswahlrecht. Die Sitzverteilung im Bundestag muss das Ergebnis der Zweitstimmen eindeutig widerspiegeln. Denn für uns Grüne im Bundestag ist klar, dass jede Stimme gleich viel wert sein muss. Dieses System hat sich bewährt, ist den Wählerinnen und Wählern vertraut, wird in der Bevölkerung getragen und stößt auf breiten politischen Konsens.
Mit drei konkreten Maßnahmen wollen wir die Vergrößerung des Bundestages verhindern:
Wenn es weniger Direktmandate gibt, werden so Überhangmandate stärker vermieden. Eine Wahlkreiskommission soll innerhalb von drei Monaten einen Vorschlag erarbeiten, wie die Wahlkreise neu zugeschnitten werden. Der Bundestag stimmt dann über diesen Vorschlag ab.
Die Vorschläge der Union, die darauf zielen, Überhangmandate einfach nicht auszugleichen, sind nicht akzeptabel. Dies widerspricht dem System der Verhältniswahl, denn somit würde das Zweitstimmenergebnis erheblich verzerrt werden. Jede Stimme wäre nicht mehr gleich viel wert. Die Regierungsmehrheit muss die Wählermehrheit widerspiegeln und darf sich nicht aus dem Zufall von Überhangmandaten ergeben.